Kurzgeschichte: Die Künstlerin
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Er erwartete nicht, daß sie verstummen und für lange Sekunden das Rotweinglas anstarren wird.
Er erwartete auch nicht, daß sie ihm danach eine Geschichte von ihrem toten Verlobten erzählen würde. Dieser war Arzt, ging aus ideologisch-humanitären Gründen nach Jugoslawien. Kurz vor seiner Rückkehr nach Deutschland wurde er möglicherweise von einem seiner Patienten erschossen.

"Es muß ein sehr großer Schlag für Sie gewesen sein", zeigte er sich verständnisvoll.
"Das war es. Ich brauchte Monate, um mit diesem Schmerz fertig zu werden. Meine einzige Rettung war die Malerei. Damit konnte ich dieses Trauma überwinden."

Sie schwieg für eine Weile, Tränen füllten ihre Augen, und ihre Stimme wurde heiser: "Das Schlimmste war aber, daß ich keines von meinen Bildern verkaufen konnte. Ich hatte meine gesamten Ersparnisse aufgebraucht und lebte nur noch von Wasser und Brot.
Und da rettete mich eine Freundin. Sie stellte mich einem alten reichen Herrn vor, der als Kunstmäzen bekannt war.
Er war begeistert von meinen Bildern und gab mir so viel Unterstützung, daß ich mich ohne Sorgen meiner Kunst habe widmen können."

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